Wahre Lebensqualität – Gutes Licht in Pflegeheimen

Wahre Lebensqualität – Gutes Licht in Pflegeheimen


Gutes Licht in die Gebäude zu bringen: Die größte Motivation für mich ist die Tatsache, dass es Menschen gibt, die so gut wie nie draußen sind und sein können. Das sind vor allem Menschen in stationärer Pflege, ebenso wie die Intensivpflegekräfte, die sie betreuen. Gerade in größeren Einrichtungen und älteren Immobilien gibt es keine Architektur, die das Tageslicht mit maximaler Kraft ins Innere leitet. Und gerade in großen Einrichtungen bräuchte man optimale Lichtbedingungen – als Grundlage für eine hohe Lebensqualität. Schließlich liegt darin ja das Versprechen eines jeden Trägers.


Unser Auftrag: Außenbeleuchtung

Eine Geschichte wird mir so schnell nicht mehr aus dem Kopf gehen: Ich wurde von einem gehobenen Pflegestift beauftragt, eine weithin sichtbare Außenbeleuchtung zu entwerfen. Man legt in dieser privaten Einrichtung großen Wert auf ein werbliches Auftreten und ist bereit, sehr viel Geld und Ressourcen dafür zu investieren. Zurecht verspricht man sich davon, dass sich mehr Senioren und Familien mit einem Pflegefall für die Einrichtung entscheiden.

Als ich mit meinem Team die Fassade inspiziert hatte und auf dem Weg zur Geschäftsführung war, durchkreuzte ich das gesamte Gebäude. Nach zwei Minuten, die ich dort verbracht hatte, war mir eines klar: Man sollte lieber in die Innenbeleuchtung investieren. Die Menschen haben doch ein Recht auf gutes Licht, weniger die Architektur, die sie umgibt.


Die ewige Dämmerung im Pflegeheim

Natürlich entsprach die Beleuchtung im Pflegeheim, in den Fluren, Büros und Apartments, den gängigen Normen. Aber wie so häufig liegen die empfohlenen Mindestanforderungen nicht im Komfortbereich – ähnlich wie bei einem Schlafsack, der bei Minustemperaturen das Überleben garantiert, aber eben keinen gemütlichen Schlaf. Ich streifte dann noch ein bisschen durch die Gänge, um zu sehen, wie sich die Bewohner und Mitarbeiter hier bewegten. Nach einer halben Stunde fühlte ich es selbst in mir: Hier herrscht 24 Stunden Dämmerung.

Eine der anspruchsvollsten Herausforderungen in der Vollzeitpflege ist der soziale Mehrwert. Die Bewohner müssen nicht nur versorgt, medikamentiert und schlafengelegt werden. Das wäre trostlos. Wir erwarten vor allem auch, dass sie emotional gestärkt werden. Trotz Zeitdruck und Komplikationen soll das Personal immer auch für eine familienähnliche Stimmung sorgen, bei der man sich aufrichtig für den anderen interessiert, ihm Zeit und ein offenes Ohr schenkt.


Licht sorgt für einen ausgeglichenen Tag-Nacht-Rhythmus

Gerade deswegen ist Licht so wichtig. Zu einem guten Leben gehört der Rhythmus von Hell und Dunkel, von ausreichend Licht am Tag und einer – wenn auch künstlich erzeugten – Abendstimmung, die einen runterfahren lässt. Der Effekt liegt auf der Hand, auch wenn man ihn erfahren muss, um ihn wirklich wertzuschätzen: Ein Mensch, der mit gutem Licht lebt, ist tagsüber ausgeglichener, abends müde und schläft in der Nacht tief und fest. Für funktionierende Prozesse in Pflegeeinrichtungen mit ihren vielen medizinischen und sozialen Anforderungen ist gutes Licht ein wahres Erfolgsversprechen!

Wenn Angestellte für mehr Lebensqualität und gegen Lethargie in ihrer Einrichtung kämpfen, dann kann sie gutes Licht dabei unterstützen. Im Gegenzug kann die Unruhe in Einrichtungen häufig auch auf die Dämmerungsstimmung der Beleuchtung zurückgeführt werden. Ein durch richtig eingesetztes Licht resultierender Tag-Nacht-Rhythmus kann Ruhe und Erholung in den Alltag bringen. Wenn eine schlechte Atmosphäre herrscht, ist das Licht kein Symptom, sondern die Ursache. Licht beeinflusst unsere Wahrnehmung, unser Wohlbefinden, vor allem auch unsere physischen Abläufe. Manch einer wird jedoch einwenden: An vielen belastenden Situationen und Umständen kann auch gutes Licht nichts ändern. Oder doch?


Gutes Licht bedeutet Mehrwert

Wenn Mitarbeiter und Bewohner positiv eingestellt sind, mit mehr Energie durch den Tag gehen und in der Nacht ordentlich ruhen, dann hat das nachhaltig Auswirkungen auf den Arbeits- und Lebensalltag. Im Betriebsablauf treten weniger Störungen auf, das heißt: weniger Krankheitsfälle sind zu verzeichnen, ein größeres Arbeitspensum wird bei geringerer Belastung erreicht. Die Redensart behält in diesem Fall recht: Sehen wir die Welt unter einem anderen Licht! Positiver, intensiver, mit mehr Energie und Lebensfreude – dann wird es uns besser gehen!
Es gibt viele Baustellen in der Pflege. Aber dort, wo Investition möglich ist, kann man wohl mit Licht die größten Effekte erzielen – bei vergleichsweise niedrigem Einsatz. Optimal eingesetztes Licht sorgt also für einen ausgeglichenen Tag-Nacht-Rhythmus und daraus resultierend für mehr Lebensqualität.


Mit der Natur leben

Wenn Menschen nicht mehr die Möglichkeit haben, im Einklang mit natürlichem Licht zu leben und dazu noch einem schlechten Kunstlicht ausgeliefert sind, dann tragen wir auch eine besondere Verantwortung. Wir müssen uns der Vollendung, die uns die Natur vormacht, annähern. Ich habe es selbst erfahren, dass sich dadurch viele sozialen und pathologischen Probleme leichter angehen lassen.
Bei meinem Termin mit der Geschäftsführung der Pflegeeinrichtung haben wir offen über den Vorteil der Außenbeleuchtung gesprochen: mehr Sichtbarkeit, bessere und wortwörtliche Ausstrahlung nach außen, positive Resultate bei der Akquise von Bewohnern.


Die Licht-Story, von dem jedes Unternehmen profitiert

Dagegen habe ich der Geschäftsführung etwas Besseres zum Tausch angeboten, nämlich die Geschichte, die hinter all dem steckt, was ich gerade beschrieben haben. Eine Fassade ist hell oder eben nicht, eine Innenbeleuchtung kann in der Pflege ein Marketinganker werden. Niemand, der sie gehört hat, wird diese Unternehmensstory vergessen:

In unserem Pflegestift sind die Leute so ausgeglichen, weil es naturnah beleuchtet wird. Wir holen die Sonne ins Haus, einen natürlichen Tagesrhythmus mit ausreichend Lichtintensität und den natürlichen Farbverläufen. So kann sich die innere Uhr unserer Patienten nach dem zirkadianem Rhythmus einstellen. Das ist das Geheimnis unserer guten Atmosphäre. Wir schaffen damit – anders als andere Einrichtungen – die Grundlage für einen energievollen Tag und eine ruhige und erholsame Nacht. Anderswo gibt es 24 Stunden Dämmerung und die Patienten geistern teils lethargisch, teils rastlos durch die Gänge. Durch die Ausgeglichenheit unserer Patienten ist auch unser Pflegepersonal entlastet. Eine dreifache Win-Situation ist entstanden. Für die Heimbewohner, für das Personal und daraus resultierend für die Einrichtung. Wir sind froh, dass es uns gelungen ist, unseren Bewohner einen gesunden Rhythmus zu schenken, trotz der besonderen Situation, in der sie sich befinden. Das nennen wir einen wahren Platz an der Sonne!


Licht und Beleuchtung – ein Schlüsselerlebnis

Wer diese Story von sich erzählen kann, der kann auch Menschen von seiner Arbeit begeistern. Eine leuchtende Fassade zählt einfach viel weniger als das Glück der Bewohner, die dahinter wohnen. So ist es mir selbst gelungen, den Geschäftsführer für gutes Licht zu gewinnen. Tatsächlich hat die neue Beleuchtung im Pflegeheim nach kurzer Zeit als ein großes Pluszeichen für seine Einrichtung gegolten.

Es zeigt sich immer wieder: Kaum etwas auf der Welt wirkt intensiver, faszinierender und verborgener als gutes Licht. Wir müssen uns nur dafür entscheiden.

Die Faszination Licht – eine wahre Magie

Die Faszination Licht – eine wahre Magie

Wie Licht und Dunkel meine Welt geprägt hat

Dass Essen von der UNESCO als Kulturhauptstadt ausgezeichnet wurde und Pioniere der urbanen Kunst und des Designs ausgerechnet in den dortigen Industriebrachen ausstellen und arbeiten, ist sicher kein Zufall. Jeder Besucher wird fasziniert sein von dieser spezifischen Ästhetik, die sich dort von einer jüngst untergangenen Kultur erhalten hat. Heute ist es die zumeist zweckmäßige, inzwischen aber verfremdet genutzte Architektur, früher – als der Industriebau letztlich noch selbstverständlich war – waren wir alle eingenommen von der nicht nachahmbaren Lichtdramaturgie.


Grüße aus dem Ruhrgebiet

Keines der vielen Lichtfestivals und keine Spezialmesse wird uns noch einmal vor Augen führen können, was damals etwa in meiner Geburtsstadt Gladbeck zu sehen war. Ich lernte kaum vorstellbare Lichtextreme zwischen Helligkeit und einer tausend Meter tiefen Dunkelheit kennen – alles vom Menschen erzeugt. Sicher nicht, um uns mit einem ästhetischen Erlebnis zu bereichern, sondern aus industrieller Notwendigkeit. Aber es waren doch die zentralen Eindrücke, die ganze Generationen von Grubenkinder auf der Netzhaut geblieben sind.

Wer das alte Ruhrgebiet der Sechziger- und Siebzigerjahre selbst gesehen hat, dem brauche ich nicht viel erzählen. Aber die spektakulären Lichtinszenierungen, die sich dort abspielten, muss man heute neu bewerten: Vielleicht ist das Kunstlicht des Ruhrgebiets, auch wenn es Zufall sein mag, die vollkommene Lichtkunst gewesen – ganz sicher ist: Das Ruhrgebiet war ein wahrer Lichtmagier.

Licht macht den Unterschied. Das wurde mir damals bewusst. Egal, wo wir uns aufhalten, die Welt und wie wir sie wahrnehmen, wird vor allem durch eines manipuliert – Licht.


Das alltägliche Lichtspektakel

Bis vor wenigen Jahren war der Himmel über dem Ruhrgebiet fast immer bedeckt. Auch ein sonniger Tag im August konnte einem vorkommen wie ein diesiger Herbsttag. Der Lebensmittelpunkt meiner Familie war die Zeche Graf Moltke. Dort förderte man Kohle für die Eisenproduktion und der Kohlebau hatte nach fast 100 Jahren die gesamte Gegend verändert: Winters fuhren wir Schlitten an künstlichen Kohlelandschaften, die von Natur aus eigentlich flach waren.

Unser regelmäßiges Highlight war aber der Abstich: Wenn der Hochofen geöffnet wurde und das Roheisen ausfloss, saßen wir Grubenkinder auf dem Balkon und sahen zu, wie sich der Himmel verwandelte – mit den ersten Eisenflüssen entwickelte sich ein kräftiges Orange. Man hätte meinen können, da gehe eine zweite Sonne auf. Aber es war nur die Stahlindustrie, die in diese emissionskranke, schmutzige Luft so unglaublich viel Staub, Licht und Energie pumpte, dass der Himmel ein anderer wurde. Wie vielen anderen, die im Ruhrgebiet aufgewachsen sind, blieb mir der Geruch im Sinn und der Dreck: Kohleverbrennung und Koksherstellung erzeugten eine Feinstaubatmosphäre, mit der keine Großstadt heute konkurrieren kann – auch nicht die schmutzigste Ecke von Stuttgart.


Nur Kunst war schöner

Vor allem blieb mir aber das Licht in Erinnerung. Ich könnte heute noch den Orangeton auf einem Farbfächer zeigen. Seitdem habe ich keine größere und stärkere Lichtinstallation gesehen. Nur vergleichbar waren diese Abendstimmungen mit den berühmten Gemälden von Wiliam Turner (1815–1851). Er malte 1815 die grandiosesten Sonnenuntergänge, in denen die intensivsten Rottöne mischten.
Als ich seine Bilder kennenlernte und mich mit ihm beschäftigte, stieß ich gleich auf den Zusammenhang, in der seine Kunst steht. Es war keine verklärende und romantische Interpretation einer viel kälteren Gegenwart – Turner malte nur das, was er sah – wenn auch mit allergrößter Brillanz. Früher waren die Sonnenuntergänge nämlich tatsächlich schöner: Damals war der Tambora-Vulkan auf der Insel Sumbawa (Indonesien) ausgebrochen und diese größte aller Eruptionen verdunkelte den Himmel und schleuderte seinen Staub über die gesamte Erde. Die Folge waren Himmelstönungen in allen Farbvarianten.

Die Sonnenuntergänge, wie wir sie von Turner kennen, leuchten aber nur halb so stark und schön wie ein ganz normaler und alltäglicher Abstich in Duisburg oder Bochum. Dazwischen standen die brennenden Schornsteine, mit denen man schwer entflammbare Gase vernichtete. Wie riesige Fackeln sahen sie aus.


Kein Licht ohne Dunkel

Das Ruhrgebiet steht auch für das andere Extrem – die unglaubliche Dunkelheit, wie es sie nur im Bergbau gibt. Mein Vater, ein Bergbauingenieur der alten Schule, nahm mich einmal als Sechzehnjähriger mit unter Tage. Und dort habe ich diese unglaubliche Dunkelheit wahrgenommen, wie sie nur 1.000 Meter jenseits der Oberfläche erlebt werden kann.

Wir fuhren mit dem Fahrkorb runter, liefen eine ganze Weile, wurden auf Förderbändern transportiert, bis wir am Abbaubereich ankamen. Dann ging die Arbeit los: Ein Hobel fuhr unter gewaltigem Krach den Flöz entlang. Damit der Berg nicht einstürzte, platzierten die Kumpels Stempel unter dem abgebauten Bereich, die ihn mit Wasserdruck stützten. Brandgefährlich war diese Arbeit und knochenhart, 50 Kilo-Pakete transportierten die Männer aufs Förderband. Das alles bei 40 Grad, ohne jedes Wetter und bei hoher Luftfeuchtigkeit.

Extreme Bedingungen waren das zwischen Lärm, Hitze und vor allem Dunkelheit: Alles war hundertprozentig abhängig vom Licht, nur gab es keines. Da waren die speziellen Beleuchtungen und Grubenlichter mit großen Akkupacks, aber die Dunkelheit unter Tage blieb allerorts spürbar. Das Ruhrgebiet hatte den Himmel illuminiert – mit einer Energie, die es nur von der Sonne und von der Kohle gibt. Aber es war auch das Tor zu einer Welt, in der es kein natürliches Licht gab.


Unsere Lichtkultur

Der Mensch hat Licht kultiviert, so wie er Getreidepflanzen und anderes kultiviert hat. Deswegen passt der Begriff Kunstlicht auch sehr gut! Das Kunstlicht hat mindestens so viele Facetten wie das natürliche Licht. Und überhaupt gibt es eine unüberschaubare Masse an verschiedenen Lichtsituationen, seien sie zweckmäßig gestaltet, zufällig oder ästhetisch, natürlich oder künstlich! Wer einmal einen bewussten Blick aufs Licht entwickelt hat, wird ihn überall einsetzen.

Das kann im Ruhrgebiet sein oder – wie kürzlich bei mir – in Safi, Marokko. Ein Tonbrenner saß in seinem Haus und formte eine Tajine. Das gleisende Tageslicht fiel nur durch ein einziges Loch in der Lehmwand und beleuchtete die Arbeitsstätte. An der Decke hing eine einsame Glühlampe und warf nichts weiter als einen weiteren Schatten. Was für eine Atmosphäre, in der sich die gesamte arabische Lebensart widerspiegelt! Andererseits haben wir hier in der Wüstenstadt dieselbe Herausforderung vor Augen wie in Mitteleuropa: Wie balancieren wir Tages- und Kunstlicht, Energiebedarf und klimatische Anforderungen vernünftig aus? Wie gesagt, wer einmal einen Blick für Licht und Beleuchtung entwickelt hat, wird ihn nicht mehr los. Dann hat einen die Faszination Licht gepackt.


Lichtkonzepte für ein neues Bewusstsein für gutes Licht

Seit der Gladbecker Zechenzeit begleitet mich die Faszination des Lichts. Inzwischen trete ich seit über drei Jahrzehnten professionell für gutes Licht ein. Ich habe auch als Autor das Ziel, Menschen für gutes Licht zu sensibilisieren. Auch wenn es mir beim Schreiben immer um das Vorkommen und den Einsatz von gutem Licht geht, werde ich hier keine wissenschaftliche Erklärung liefern, was denn das Wesen von Licht sei. Zu dieser Frage gibt es andere, sehr informative Bücher (Bartenbach). Mir geht es darum, dass wir ohne diese körperlosen elektromagnetischen Strahlen nicht leben, mit ihrer Hilfe aber unsere Erlebniswelt gestalten können. Für mich stand immer diese Tatsache immer im Vordergrund – Licht bedeutet für uns Beziehung zu gestalten: Beziehung zwischen Körper und Wohlbefinden, zwischen den Menschen untereinander, zwischen Mensch und Umwelt, zwischen Mensch und Architektur.

Vielen Menschen könnte der optimale Einsatz von Tages- und Kunstlicht in ihrer je eigenen Lebenssituation helfen. Obwohl dieses Phänomen in Spezialistenkreisen bekannt und unbestritten ist, gibt es noch keine ausreichende Sensibilisierung, um gutes Licht flächendeckend umzusetzen. Jeder, der sich ernstzunehmend mit Lichtqualitäten in öffentlichen Gebäuden, Firmen und Privathaushalten beschäftigt, weiß, dass man die gängigen DIN-Normen ausweiten müsste, um den bestmöglichen Komfort abzuliefern. Hier bedarf es professioneller Lichtkonzepte, die auf die unterschiedlichen Räumlichkeiten zugeschnitten sind und die Tätigkeiten innerhalb optimal unterstützen.

Mit dem Thema Licht steht es aber so wie mit dem Licht selbst. Es ist nicht offensichtlich, eigentlich unsichtbar. Es ist da und wird nicht wahrgenommen. Außer man erlebt es in seinen Extremen der Farben oder Dunkelheit – wie im Ruhrgebiet. Licht ist aber der naheliegendste, oft sogar kostenlose und nachhaltigste Hebel, an dem man ansetzen kann, um positive Effekte in allen Lebensbereichen zu erzielen. Dies ist die wahre Faszination des Lichts. Und hier setzen wir bei der Erstellung eines Lichtkonzeptes an.

Wenn Sie mehr darüber erfahren möchten, was Lichtplanung eigentlich ist, lesen Sie auch gerne unseren Beitrag über den Weg zum idealen Lichtkonzept.

Um ein neues Bewusstsein für Licht zu wecken, dafür stehe ich morgens auf. Und wenn es sein muss, noch wenn es dunkel ist!

Was ist eigentlich Lichtplanung

Was ist eigentlich Lichtplanung? Der Weg zum idealen Lichtkonzept

Warum der Standard zu wenig ist

Neben der Währungsunion, der europäischen Freizügigkeit und anderen Identitätsmerkmalen, die uns zu echten Europäern machen, gibt es ein engmaschiges Netz aus Normen, das unsere Staaten zusammenhält. Ich denke hier an die Europäische Normierung, die DIN EN. Sie greift in so gut wie alle Lebensbereiche ein, in der wir leben. Haben Sie sich schonmal gefragt, warum Kuscheltiere so große Augen haben? Von wegen Babyschema – es geht um Sicherheit. Die DIN EN 71 regelt, dass das Fell des Teddys schwer entflammbar ist, dass Kleinteile wie Augen extrem schwer zu lösen sind, dass das Teddyauge dann im Extremfall aber zu groß ist, um verschluckt zu werden.


Unsere Welt ist genormt

Wer beruflich mit Licht zu tun hat, kennt eine ganze Reihe von Normen, für viele Menschen relevant die DIN EN 12193 für Sportstätten. Sie regelt im Wesentlichen, dass alle im Stadion gut sehen müssen, nicht geblendet werden dürfen und eine Fernsehübertragung möglich ist.

Die europäischen Normen waren seit ihrem Bestehen ein Einfallstor für Europakritiker und sorgten häufig schon für medialen Spott: Paradebeispiel war die Normierung der Gurkenkrümmung. Was sich als pedantische Beschäftigungstherapie für EU-Kommissionsmitglieder anhört, sollte schlicht die Transportfähigkeit von Gemüse im internationalen Handel verbessern. Was aufgrund der großen Mengen durchaus nachvollziehbar ist.

Bei vielen Normierungsprozessen – so auch beim Einsatz von Tageslicht und Kunstlicht – wird eine Mindestanforderung formuliert. Besser geht immer, zumal dann, wenn es um das geeignete Lichtkonzept geht.


Reicht mir der Elektroplaner?

Wer für die Lichtanlage zu Hause, in öffentlichen Gebäuden oder Büros einen Elektroplaner anstellt, ist auf der sicheren Seite: Er entwirft ein rein funktionales Konzept, achtet darauf, dass die geltenden DIN-Normen eingehalten werden. Er sorgt für eine energieeffiziente und sichere Elektroinstallation, schließlich betrachtet er Gebäude auf elektrotechnische Weise.
Ich bin aber der Überzeugung, dass hier mehr herauszuholen ist als der Mindeststandard und wir eine komplementäre Betrachtung benötigen, um das Potential von Licht auszuschöpfen. Ein Lichtplaner ergänzt die technische Seite durch Fragen der biologischen, psychologischen und emotionalen Lichtwirkung. Die Erfahrung hat gezeigt, dass für solch ein Lichtkonzept die minimale Norm weit überschritten werden muss, um den Anforderungen der Bauherren und Benutzern gerecht zu werden.


Der zirkadiane Rhythmus

Energieeffizienz ist, wie im vorhergehenden Kapitel beschrieben, ein wichtiger Baustein. Aber für die Menschen ist die Anlehnung an den Tages- und Nachtrhythmus – den zirkadianen Rhythmus – von herausragender Bedeutung. Wer die Tagesgestaltung mit einbezieht, plant nicht nur funktional, sondern legt einen Schwerpunkt auf die Tagesstruktur, um sie zu stärken. Den Effekt habe ich für einzelne Bereich schon ausreichend beschrieben: Licht fördert Wohlbefinden, es kann aktivierend und belebend sein oder eben beruhigen und den Organismus runterfahren lassen.


Wie wir Licht gestalten

Ein extrem wichtiger Gestaltungsfaktor von Licht sehe ich in bestehenden Oberflächen. So kann Energie gespart werden, denn was erhellt wird, ist ja nicht die Leuchte, sondern es sind die Dinge im Raum. Genauso verhält es sich mit der Tageslichtplanung. Ich selbst gehe immer vom Tageslicht aus. Wie wird das Licht in die Räume geleitet und wo kann Kunstlicht eingesetzt werden, um Bewohner und Mitarbeiter ausreichend mit Licht zu versorgen?

Gerade für das eigene Zuhause fällt es vielen Menschen schwer, eine Lampe auszuwählen. Ich höre immer wieder, dass die Lampenwahl vom Design abhängt und die Beleuchtung nachher enttäuschend ausfällt. Das ist der Grund, warum ästhetische Herausforderungen und Vorlieben erst mit ins Spiel kommen, wenn der Raum bereits hell ist. Ein Designstück kann immer nur Akzent sein, nie die Basis. Dafür ist es nicht gemacht. Diese Erkenntnis sollte unbedingt im jeweiligen Lichtkonzept miteinbezogen werden.


Der Mensch steht im Zentrum

Viele dieser Arbeitsschritte können nur ansatzweise vereinheitlicht und standardisiert werden. Ich empfehle jedem, der nach gutem Licht sucht, für sich selbst zu formulieren, auf was es ihm ankommt:

  • Welche Arbeit wird in dem Gebäude geleistet und zu welcher Tageszeit?
  • Welche Technik setze ich dort ein?
  • Wie ist der Raum beschaffen und wird er sich in absehbarer Zeit verändern?
  • Gibt es feste Arbeitsplätze oder ist der Raum dynamisch angelegt?

Es gibt ein einfaches Rezept, um an gutes Licht zu kommen: Hören Sie Ihrem Lichtplaner zu! Welche Fragen stellen Sie? Gehen Sie auf Ihre persönlichen Ansprüche von selbst ein oder denken sie nur an einen hellen Raum? Licht und Helligkeit sind nur im Zusammenspiel mit den Menschen und ihrer Lebens- und Arbeitswelt sinnvoll. Deswegen steht der Mensch bei einer zeitgemäßen Lichtplanung immer im Zentrum. Der Mensch wird mit seinem individuellem Lebensstil nie komplett normierbar sein, zum Glück! Wenn es uns aber gelingt, für persönliche Anforderungen eine eigene Lichtwelt zu erschaffen, nenne ich das Licht in Vollendung!


Ein Gütesigel für gutes Licht?

Diese Frage ist aber berechtigt: Welchen übergeordneten Maßstab setzen wir dann für gutes Licht an? Welche unabhängigen Parameter müssen erfüllt sein? Nicht nur ich selbst, sondern auch Unternehmen wie Bartenbach wünschen sich ein Gütesiegel, auf das sich die Menschen verlassen können. Die Struktur eines solchen Siegels wäre zu erarbeiten und müsste auf den Schultern der aktuellen Entwicklung stehen. Für mich wäre dies ein weiterer Schritt zu einem Recht auf gutes Licht. Auch für viele Unternehmen in der Industrie, für Büros, Einkaufsläden, für Hotels, für Tagesstätten, Schulen, Krankenhäuser und öffentliche Einrichtungen, für Kirchen und Pflegestifte wäre es ein wahrer Gewinn, wenn man die Menschen auf die gute Lichtqualität gesondert aufmerksam machen könnte. Das Ergebnis wird den Menschen nicht entgehen, aber um gutes Licht ins Bewusstsein zu rücken, müsste man es formulieren, ihm zum Ausdruck, zur Sprache verhelfen. Überall dort, wo noch kein Tages-Nacht-Rhythmus berücksichtigt wird, könnte man den Schritt auf eine neue Qualitätsstufe mit einem Gütesiegel leichter kommunizieren.


Unentdecktes Potential – hohe Lichtwirkung

Sicher bräuchte man dafür eine Allianz ausgewiesener Lichtplaner, Architekten, Mediziner, Biologen und Psychologen. Aber vor allem Impulse von außen, von Menschen, die für gutes Licht eintreten: Rektorinnen und Rektoren, die für Ihre Schüler das bestmögliche Licht einfordern; Bauherren, die sich über das Potential von gutem Licht bewusst sind oder Hoteliers, die ihren Gästen guten Extraservice transparent präsentieren möchten. Wie überall, wenn Qualitätserwartungen wachsen, kann ein Konzept für gutes Licht nur gelingen, wenn Produzenten und Verbraucher an einem Strang ziehen. Das haben wir in den letzten Jahrzehnten öfters erlebt. Viele Produkte waren nicht mehr nachgefragt und haben das Feld für neue Innovationen geräumt. Unterm Strich können dabei alle nur profitieren.

Die positive Lichtwirkung von Licht spricht für sich und braucht keine politische Lobby. Hier genügen viele Menschen, die jeder für sich ein persönliches Interesse haben, von gutem Licht zu profitieren. Wir haben es in vielen verschiedenen Branchen erlebt, welche Effekte ein kommuniziertes Gütesiegel haben kann. Bei Kinderspielzeug hat sich der spiel gut e.V. weitflächig durchsetzen können. Das Vertrauen auf das Siegel ist so groß und die Qualität so seriös, dass sich kaum einer mehr fragen muss, ob die Knopfaugen vom Teddybären gefährlich sind. Das war möglich, weil die Verlässlichkeit so stark ist.


Eine Alternative zum Standard

Um Verlässlichkeit geht es auch bei gutem Licht. Der Einsatz und das Zusammenspiel von Tages- und Kunstlicht unter Berücksichtigung aller Ansprüche und Möglichkeiten ist kaum zu überblicken, sofern man sich nicht intensiv mit diesem Thema beschäftigt hat. Ein Gütesiegel für gutes Licht kann allen Menschen helfen, ein intuitives Gespür dafür zu bekommen, was der eigenen Gesundheit und dem Wohlbefinden guttut.

Lesen Sie auch unsere Story zum Thema gutes Licht in Pflegeheimen für mehr Lebensqualität.

Ein Gütesigel wäre nicht nur eine Alternative zum DIN-Mindeststandard, sondern ein sichtbarer Ausdruck dafür, welche große Rolle Licht in unserem Leben spielt.

Bausteine für gutes Licht

Bausteine für gutes Licht – variierende Lichtintensität

Falsches Licht im Restaurant

Ich gehe regelmäßig in ein Restaurant, das ich fast als mein Lieblingsrestaurant bezeichnen würde. Ein exzellenter Koch, herzliches Personal, angenehme Gäste, hervorragende Qualität. Der Fisch ist perfekt. Aber leider ist das Steak nie wirklich medium. Irgendwie hat mir das keine Ruhe gelassen und ich wollte rausbekommen, warum dieses brillante Restaurant bei diesem einfachen Klassiker so schwächelt. Die Antwort des Chefs de Cuisine war selbst für mich als Lichtplaner überraschend: „Wenn wir medium servieren, denken unsere Gäste immer, es wäre noch roh. Dabei liegt das nur am Licht, nicht an der Kerntemperatur.“

Man muss sich das auf der Zunge zergehen lassen: Jeder Supermarkt inszeniert in seiner Theke noch die bleichste Wurst in saftigsten Farben, so dass man enttäuscht ist, wenn man sie am Abend aus dem eigenen Kühlschrank holt. Aber ein Sternerestaurant serviert lieber das Essen nicht À point als auf das Schummerlicht zu verzichten!

Die Ursache liegt wie so oft in der Tradition und hängt mit unseren kulturellen Codes zusammen – gedämpftes Licht zählt als gemütlich. An hellem Licht haftet dagegen der Kantinengeschmack. Dazwischen gibt es aber eine Lichtwelt, die es für viele erst noch zu entdecken gilt. Das Stichwort heißt hier Lichtdramaturgie – warum nicht zur Hauptzeit anderes Licht im Restaurant reichen wie zum Aperitif?


Das Gegenbeispiel: Licht in Hotels

Light sells – das sagte mir ein Hotelier. Er hat für sich die differenzierte Beleuchtung entdeckt und bietet seinen Gästen zu verschiedenen Tageszeiten und Lebenssituation andere Lichtqualitäten. Wenn ihm Gäste sagen, dass es ihnen nirgendwo besser ginge als hier, weil sie tief und fest schlafen können und morgens schnell fit werden, führen sie das oft auf gemütliche Betten und die ruhige Lage zurück. Er klärt sie dann liebend gerne auf: „Wir legen Wert auf ihren Tagesrhythmus – deswegen haben wir eine Lichtanlage verbaut, die ihnen die perfekte Dosis vom richtigen Licht verpasst, egal, ob es Morgen oder Abend ist.“ So hat er treue Gäste an sich gebunden. „Weiche Betten und eine volle Minibar kann jeder, gutes Licht“, so sagt er immer, „kann nur ich.“

Dieses Hotel ist für mich ein echter Vorreiter von gutem Licht. Es zeigt, wie viel sich lediglich mit einer Variation von Lichtintensitäten erreichen lässt. Das Personal profitiert davon und die Gäste nehmen Licht bewusst als großen Pluspunkt in der Ausstattung wahr – dabei nimmt es ja nur einen verschwindend geringen Kostenpunkt im Lebenszyklus eines Hotels ein.


Die größte Energiekraft der Erde

Wie ich schon mehrfach erwähnt habe, liegt das größte Potential von gutem Licht darin, dass es unsichtbar ist. Schlechtes Kunstlicht erkennt man zwangsläufig daran, dass es blendet. Gutes Licht dagegen ist immer blendfrei, es wird so geleitet, dass seine Quelle kaum einsehbar ist und dabei die Oberflächen des Raums perfekt ausnutzt. Der Lichtplaner Kai Piippoo hat kürzlich gesagt, Licht sei die größte Energiekraft der Erde „und stell dir vor, du kannst tatsächlich mit dieser Kraft arbeiten und sie formen“! Das ist keine Vision, sondern ein Arbeitsauftrag. Licht formen, das heißt für mich, der Architektur, den Gegebenheiten vor Ort und den Menschen, die dort wohnen, zu folgen. Licht formen, das bedeutet keine Abfolge von Hell und Dunkel, sondern eine spezifische und individuelle Charakteristik und Atmosphäre für einen gesamten Raum zu schaffen.


Blendfrei, steuerbar, dimmbar

Das gelingt über die richtige Platzierung und Auswahl der Leuchten und darüber, dass sie ansteuerbar sind. Ich kann mit ein und derselben Leuchte verschiedene Situationen, ja Welten schaffen. Dank der kleinteiligen LED-Technik kann ich heute mehrere Lichtqualitäten verbauen, sie zu verschiedenen Zeiten und Anlässen einsetzen. Die Menschen sind hier nicht den Grenzen der einmal gewählten Leuchtmittel ausgesetzt, im Gegenteil, das Licht kann immer wieder neu für ihre Bedürfnisse geformt und abgestimmt werden. Gutes Licht ist intelligent, weil es aktiv auf den menschlichen Tagesrhythmus reagiert. Technisch gesehen ist das einfach denkbar über verschiedene Lichtschalter, für heute attraktiver: über Smart Devices.

Gutes Licht ist also blendfrei, steuerbar und – was ein dritter Aspekt ist – dimmbar. Die Glühbirne konnte man früher sehr einfach dimmen, bis hin zu dem sichtbaren glühenden Wolframfaden. Das hat sich mit den LEDs verändert. Was uns häufig als dimmbare Technik verkauft wird, hinterlässt nur einen unangenehmen Flackereffekt.


Das passende Licht für jede Situation

Die Bausteine von guter Beleuchtung richten sich alle an den Bedürfnissen der Menschen aus. Wir brauchen unterschiedliche Lichtintensitäten und -qualitäten und wollen zu keiner Zeit blendendem Licht ausgesetzt werden. Wer das beherzigt, wird einen guten Start bei der Raumbeleuchtung hinlegen. Warum es sich lohnt, diesen Ansatz bis hin zur Kunst zu verfeinern, um echt lebenswerte Lichträume zu schaffen, habe ich in den folgenden Kapiteln aufgeführt. Hier wird deutlich, für was Kai Piippoo starke Worte gefunden hat: „Beleuchtung ist so entscheidend für das Leben der Menschen.“ Entscheidend – das bedeutet für mich, dass Licht über die Entfaltung unserer Potentiale in Kindheit, Beruf und Alter mitentscheidet. Erfahren Sie in unserem Beitrag über die Faszination des Lichts mehr darüber, welche Magie hinter Licht und Dunkel steckt.

Und – wie die Geschichte aus meinem (fast) Lieblingsrestaurant zeigt – Licht bestimmt selbst, wie unser Mittagessen schmeckt.